So schwer ist die Hitze in Mompos, dass ich eben den ganzen Nachmittag alle Viere von mir streckend mit Aircondition und Ventilator gleichzeitig an in unserem abgedunkelten Zimmer verbracht hatte. Immer die Angst völlig zerfressen zu werden von den Moskitos – besprüht mit Autan Tropical, denn dem natürlichen Citronella vertraue ich nicht mehr. Selbst Humboldt betonte in seinen Aufzeichnungen, dass die Biester durch vier Lagen baumwollene Beinkleider hindurch zustechen. Er habe dies selbst getestet, der Arme dick eingepackt in dieser schwülen Hitze.
Moschusgeruch von den Krokodilen gibt es zwar keinen mehr, ich vermute die Krokodile sind gänzlich verschwunden, doch abends flattern die Fledermäuse aus den für eine solche Stadt recht zahlreichen Kirchen über die Plätze.
Es mag daran liegen, dass Sonntag ist, die Zeit wie still zu stehen scheint, die Häuser verriegelt sind, dass Mompos keinen einladenden Eindruck auf mich macht. Träge windet sich der Fluss, zwar hört man Musik aus der Bar nebenan, doch irgendwie will das karibische Gefühl, wie ich es in Cartagena überall um mich herum gespürt habe, nicht aufkommen. Schwer schleppt man sich durch die heißen Straßen, auf der Suche nach Schatten und etwas Trinkbaren. An einem Sonntag leider vergebens, denn alles ist verschlossen.
In meinem Reiseführer wird ein Baum erwähnt, an den schon Simon Bolivar sein „feuriges“ Pferd angebunden haben soll, doch an der gekennzeichneten Stelle liegt nur ein toter großer Baumstumpf. Träge, schwere Melancholie, wie ein weiterer Beweis für die Lethargie dieser Stadt. Wie konnte hier überhaupt jemals etwas „feurig“ sein?
Nicht von ungefähr haben sie Mompos als Filmkulisse für „Chronik eines Angekündigten Todes“ (1987) genutzt. Ich erinnere mich noch, mit welcher Beklemmung ich damals das Kino verließ, über diese Doppelmoral, diesen falschen Ehrbegriff und diese stillschweigende Masse, die nur träge auf die Umsetzung der geforderten Tat wartet, während die Täter darauf hoffen, dass ihnen jemand Einhalt gebietet. Jetzt verstehe ich, es ist zu heiß, um Widerstand zu leisten, gegen das Gegebene, das Falsche, das Unausweichliche.
Im sanft hin und her wiegenden Schaukelstuhl, unter den leise brummenden Ventilatoren schafft man es gerade noch mit einem Wedel die Stechmücken zu vertreiben. Mehr ist einfach nicht mehr drin.
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Kleiner Nachtrag: Ich habe mich dann doch noch mit Mompos versöhnt. Am Abend stolperten wir in ein wirklich fantastisches Restaurant. Walter, der Besitzer aus Österreich, ist ein ganz wunderbar charmanter Gastgeber und das Essen einfach ein Traum. Wenn ihr da seid, versäumt nicht euch von Walter einen hauseigenen Mombos-Cocktail brauen zu lassen, der eine „gesunde Sünde“ ist. Die Nudeln werden selbstgemacht, für die Pizza gibt es einen Holzofen. Alles ist frisch. Zum Abschluss gibt es dann vielleicht auch noch ein Schnäpschen mit Kräutern von Hildegard von Bingen.
Link zur Tripadvisor Seite für La Fuerte
Und ich sehe nun schon einige die Nase rümpfen… so, so da seit ihr in Kolumbien und esst doch europäisch… Ihr Lieben, habt Mitleid… die ganze Zeit nur Reis mit Kochbananen, das haut die stärkste Reisende um!
2 thoughts on “Live: Schwüle Trägheit in Mompos”